Interview Alex & Nicole

Blogbeitrag – Interview mit Nicole Hybl: „Ich bin keine Gefahr. Ich bin echt.“


 

Alex (Psychologe): Nicole, du engagierst dich stark für Inklusion und soziale Themen. Du hast berichtet, dass dein Engagement oft Konflikte auslöst. Kannst du das näher beschreiben?


 

Nicole Hybl: In meiner Arbeit, sei es im Kindergarten oder in sozialen Einrichtungen, gehe ich bewusst anders vor. Wenn andere sagen, ein Kind oder Mensch passe nicht in die Einrichtung, gehe ich bewusst auf Augenhöhe und versuche , die Kommunikation anzupassen – mit Mimik, Gestik oder Körpersprache.Ich versuche über den Tellerrand zu blicken. Warum ist dieser Mensch so, was hat er für negative, oder auch positive Erfahrungen gemacht, was geht in ihm vor. Für mich bedeutet Inklusion, dass wir uns verändern müssen, nicht die Menschen, die wir betreuen. Jeder hat das Recht akzeptiert zu werden. So wie er ist. Jeder hat das Recht, dass man auf Augenhöhe, vorurteilsfrei zuhört anstatt im Voraus zu urteilen.


 

Alex: Du erzähltest, dass dir oft Ablehnung begegnet, obwohl du eigentlich positive Ergebnisse erzielst. Wie erklärst du dir das?


 

Nicole Hybl: Ich denke, dass meine Arbeitsweise manchmal wie ein Spiegel wirkt. Wenn ein als schwierig angesehenes Kind oder ein Mensch plötzlich bei mir ruhig und zufrieden ist, fühlen sich Kolleg:innen möglicherweise indirekt kritisiert. Dabei möchte ich niemanden angreifen – ich will einfach etwas bewirken.


 

Alex: Gibt es besondere Situationen, die dir nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind?


 

Nicole Hybl: Ja, eine Weihnachtsfeier in einer sozialen Einrichtung für wohnungslose Menschen. Als ich nach 3 Monaten allgemein vorgestellt wurde, applaudierten alle Bewohner spontan. Nicht, weil ich besser war, oder weil ich ,,Brüste‘‘ habe, sondern weil ich echtes Interesse gezeigt und ihnen zugehört habe. Leider wurde genau diese Wertschätzung negativ interpretiert. Einige Kolleg:innen empfanden Neid und unterstellten mir, ich würde mich in den Vordergrund spielen wollen oder sei nicht authentisch.

Auch in einem Wohnheim für Menschen mit erhöhtem Förderbedarf habe ich erlebt, dass meine Art zu arbeiten bei den Bewohner:innen gut ankam, aber bei Kolleg:innen zu Konflikten führte. Ein Bewohner äußerte sich beim gemeinsamen Frühstück ganz offen, dass er sich von mir verstanden fühlte, während er das bei anderen Mitarbeiter:innen vermisste. Das sorgte für Kritik und Missgunst seitens meiner Kolleg:innen.

Im Kindergarten erlebte ich Situationen, in denen Kinder als ‚schwierig‘ eingestuft und in andere Einrichtungen abgeschoben werden sollten. Ich fand jedoch schnell Wege, um diese Kinder zu erreichen – durch Mimik, Gestik und Körpersprache. Es kam sogar vor, dass Kinder, die angeblich niemand erreichen konnte, bei mir nach wenigen Minuten ruhig und zufrieden auf dem Schoß saßen. Auch das führte leider zu Neid und Ablehnung von Kolleg:innen, da sie meine Erfolge ungewollt als Kritik an ihrer eigenen Arbeit empfanden.



 

Alex: Was denkst du, warum reagieren Menschen oft ablehnend auf authentisches Engagement?


 

Nicole Hybl: Weil es bestehende Routinen und Strukturen hinterfragt. Authentisches Verhalten bringt Unruhe in etablierte Abläufe, es fordert zu Reflexion und Veränderung auf. Das empfinden viele als unangenehm.


 

Alex: Du hast berichtet, dass diese Konflikte dich zeitweise stark belastet und in eine depressive Phase gebracht haben. Kannst du das genauer erläutern?


 

Nicole Hybl: Ja, das stimmt. Ich wurde gemobbt und öffentlich auf Social Media beleidigt, nur weil ich mich offen engagierte und sichtbar wurde. Diese Angriffe haben mich tief verletzt, da ich nie im Mittelpunkt stehen wollte, sondern nur helfen und etwas verändern wollte. Das führte dazu, dass ich mich manchmal sehr isoliert und unverstanden gefühlt habe.


 

Alex: War das mit ein Grund, warum du dich selbstständig gemacht und den Hope Inclusion Hub gegründet hast?


 

Nicole Hybl: Absolut. Ich fühlte mich als Angestellte oft missverstanden, eingeschränkt und gemobbt, nur weil ich meine eigenen Werte vertreten habe. Ich verdiene aktuell mit meinem Engagement noch kaum Geld, aber ich bin fest entschlossen, einen Weg zu finden, mit meiner Selbstständigkeit finanziell unabhängig zu werden. Gleichzeitig möchte ich Menschen helfen und mich nie wieder diesem Druck und Mobbing aussetzen müssen. Genau dafür steht der Hope Inclusion Hub: für echte Inklusion, Empathie und den Mut, Perspektiven zu wechseln.


 

Alex: Was würdest du dir von den Menschen wünschen, die deine Arbeit kritisch sehen oder nicht verstehen?


 

Nicole Hybl: Ich wünsche mir mehr Offenheit und ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe. Vor allem wünsche ich mir, dass genau diese Menschen vielleicht einmal freiwillig eines unserer Events unterstützen oder sich unentgeltlich einbringen, um wirklich zu verstehen, was ich tue. Es geht nicht darum, dass alle einer Meinung sein müssen. Aber Akzeptanz und Respekt vor Menschen, die anders sind oder anders handeln, ist mir wichtig.


 

Alex: Was möchtest du Menschen mitgeben, die ähnliche Situationen erleben wie du?


 

Nicole Hybl: Bleibt euch treu, lasst euch nicht entmutigen und kämpft für eure Werte. Holt euch Unterstützung, wenn ihr sie braucht, und glaubt fest daran, dass Veränderungen möglich sind. Wenn euch das Verhalten anderer traurig macht, denkt immer daran: Menschen reden und lästern – das lässt sich nicht vermeiden. Du allein kennst deine Beweggründe wirklich. Wenn du von dem, was du tust, überzeugt bist und deine Werte konsequent vertrittst, hast du den Ball in der Hand. Darauf kannst und solltest du stolz sein


 

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